übersicht:
Gerald Heidegger in ORF Online 2020
Gerald Heidegger Katalogtext 2013
Willi Rainer in der Kleinen Zeitung 2010
Alexander Viscio in The New York Optimist 2010
Gerald Heidegger Ausstellungstext 2009
Siegrid Leitner in palette & zeichenstift 2008
Gerald Heidegger in ORF Online 2006
Gerald Heidegger Ausstellungstext 2006
Inga Hosp in den Dolomiten 2006
Ingrid Runtic-Pascu Eröffnungsrede 2004
Ingrid Zimmermann in der Süddeutschen Zeitung 2004
Manfred Stanka im Münchner Merkur 2004
Thomas Hettlage Vernissagerede 2004
Walter Strobl 2002
Nikolai Janatsch in der SVZ 2001
Margit von Elzenbaum in den Dolomiten 2000
Thomas Amonn Eröffnungsrede 2000
Heinz Kossdorff Ausstellungstext 1999
Ulrich Gansert in "Vernissage" 1999
Ingrid Runtic-Pascu Vernissagerede 1995
Ulrich Gansert in "Vernissage" 1993
Walter Strobl Ausstellungstext 1993
Nur die Außenwelt hat sich geändert
Dass sich eigentlich durch die "Corona-Maßnahmen" für den im Alleinsein geübten Künstler nichts geändert hat, unterstreicht auch der Wiener Maler Walter Strobl. Strobl hat wie sein malerischer Mentor Giorgio Morandi ohnedies einen speziellen Zugang zur gemalten Realität.
Für ihn sind schon die Blicke aus dem Atelier oder auf die Welt oft wie Blicke auf arrangierte Stillleben. Die Stadtlandschaften, die Strobl in Extremausschnitten in seinen Bildern zum Anlass der Bildbearbeitung nimmt, sind für ihn, wie er sagt, "immer schon gestaltete Landschaften, und damit durchaus mit dem arrangierten Stillleben zu vergleichen".
Nichts, was Strobl an gebauter Welt erlebt und über seine Bilder in den Grundbauformen noch viel erlebbarer macht, liegt zufällig im Raum. Insofern betrachtet Strobl nicht nur die Welt, sondern auch die Landschaft seines Ateliers wie ein gestaltetes Stillleben, das er bis auf die Rudimente des Sichtbaren reduziert.
Bei ihm besonders wichtig: die Glasscheiben, als Trenner zwischen Kunst und Wirklichkeit. "Die Malerei", sagt Strobl, "ist per se eine introvertierte Tätigkeit, und man ist für sich im eigenen Atelier." Die Außenwelt habe sich geändert, nicht aber die Welt des Ateliers - und fügt hinzu: "Die Malerei, sie geht weiter."
Gerald Heidegger
in ORF Online am 19. April 2020
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Das Tanzen der Grundbauformen
Über die Malerei von Walter Strobl
Die Arbeiten von Walter Strobl, egal ob auf Leinwand oder Papier, sind im Grunde Palimpseste: Strobl zerlegt zunächst Gesehenes in Grundbauformen, nimmt diese her und setzt sie in seiner Malerei (ebenso in Zeichnung und Grafik) neu zusammen. Das Handwerkliche ist dabei zentraler Bestandteil für dieses kreative Spiel mit den reduzierten und zugleich verdichteten Bausteinen des Visuellen. Am Ende steht ein Werk vor dem Betrachter, das dieses Tanzen der Grundbauformen fortschreibt, mitunter bekannte Wahrnehmungsbilder mit dem neuen Bildraum in Konkurrenz setzt. Die Vedute, das Stillleben, aber auch der Akt werden Anstoß für ein Spiel des Sehens. Das Sich-Verlieren im Sehvorgang erscheint dabei angereichert um die Erkenntnis, wie konstruiert letztlich unsere Wahrnehmung ist, wie sehr wir die Welt selbst, dem Maler gleich, konturieren.
Strobls Malerei erinnert zugleich an die Konstruiertheit der Welt im Allgemeinen: Seine Stadtansichten, Bilder von Räumen und Passagen verweisen feinsinnig darauf, dass wir uns eigentlich immer schon durch arrangierte Wirklichkeiten bewegen. "Eine Stadt oder ein Fluss in einem Flussbett ist eigentlich auch eine Form eines absurden Silllebens", befindet der Maler, der diese Wirklichkeit mit der Schonungslosigkeit eines Giorgio Morandi ins Auge fasst. Der Mensch in den Bildern von Walter Strobl erscheint wiederum eingezwängt in eine künstlich geschaffene Enge. Seine, wie er sie nennt, "Geworfenen", sie sind letztlich Kreaturen, die mit der Kraft der Verzweiflung die letzten Freiräume für das Körperliche erobern müssen: Jeder Bewegung steht hier eine physische Grenze entgegen.
Strobls Bildräume verweisen immer auf das Ergebnis menschlicher Eingriffe. Nicht unbedingt muss der Mensch in den Bildern dabei auftauchen. Der Mensch, er hat aber stets sichtbare Spuren, Abdrücke seines Tuns, hinterlassen. "Environments" nennt Strobl seine Kompositionen gerne. Grenzziehungen zwischen der belebten und unbelebten Welt werden in diesen Umgebungen eigentlich hinfällig.
Die Raffinesse der Bildwelten Walter Strobls besteht in der Inszenierung einer mitunter fast beiläufig in den Blick genommenen Wirklichkeit. In seinen Dachlandschaften gehören Baukräne oder Antennen ebenso zum Inventar wie die klassischen, so gerne als "pittoresk" bezeichneten Elemente einer Stadtlandschaft. Der Künstler erinnert an die ständigen Interventionen, die der Mensch in der Welt vollzieht - und Strobls Malerei nimmt alles gemeinsam in den Blick: die ausgeformte, scheinbar fertige Wirklichkeit, die offene Wunde ebenso wie das Gerüst. Letztlich gibt es bei ihm keinen bildunwürdigen Gegenstand, sondern nur Elemente im Bildraum, mit denen man sich inhaltlich und formal auseinander zu setzen hat.
Besonderes Augenmerk liegt bei Strobl in dieser Auseinandersetzung auf den Elementen Licht und Farbe. Strobl interessieren hierbei besonders die Zwischentöne. Seine Farben entziehen sich definitorischen Festlegungen: Strobl malt das "Unfassbare" hinter der sichtbaren Realität und löst dies in einem sehr nuancierten Farb- und Lichtspiel auf. Farbe und Licht werden zu eigenständigen Themen in dieser Malerei. Das Palimpsestartige seiner Arbeit rückt diese Grundelemente deutlich in den Blick. Die Oberfläche seiner Bilder, die Art, wie die Pigmente haften, erscheint hier beinahe taktil. Die Betrachter sollen sich mit ihren Sinnen für die Bilder öffnen und gleichzeitig Abstand nehmen von dem, was man bisher gesehen hat. Dann tritt man bei Strobl ein in ein Spiel des Sehens einer zweiten Ordnung.
Gerald Heidegger
Katalogtext zur Ausstellung in der Galerie Lehner, Wien, 2013
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Ein Künstler geht auf Distanz
Walter Strobls "Projektionen" in der Galerie Unart.
"Projektion" bedeutet meistens das Verfertigen einer Abbildung, das "Hinwerfen" von Bildern auf etwas, zum Beispiel eine Fläche. Walter Strobl, gebürtiger Innsbrucker, Absolvent der Wiener Akademie mit Diplom bei Arik Brauer und Josef Mikl, untersucht diese Möglichkeiten und entwickelt in mittleren Formaten Bilder von nackten Leibern. Menschen, einzeln wie in Gruppen, gesichtslos, abgewandt, verharren in gestoppter Bewegung in Räumen. Die in Serienbildern entwickelten Figuren generieren sich zu guten Teilen aus vorhergehenden Zeichnungen oder ebenfalls ausgestellten Lithographien.
In den Ölbildern zerlegt ein eigenwilliger Malduktus die Farbflächen aus einer schmalen Palette. Pinselstriche, in kurzen Strecken angesetzt, erzeugen in sich gegliederte Flächen und strukturierende Linien. Das hervortretende "Dazwischen" erzählt von den Möglichkeiten der Malerei, verweist auf Räumlichkeit und Beziehungen. Schatten, als Projektionen von vordergründig realen Körpern, gehen auf in Abstraktionen, wie letztlich die gemalten Menschenleiber selbst. Die "Distanz", die den Künstler dabei interessiert, bemisst sich in genauen Abständen und fordert wohl auch ein bedachtes Zurücktreten, um das Eigentliche in der Malerei langsam erfassen zu können.
Willi Rainer
in der Kleinen Zeitung, 16. April 2010
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"Alexander Viscio Presents"
The Painting’s of Austrian Artist Walter Strobl
Obstructions to a view.
Paintings by Walter Strobl.
The horizon is buoyed by a Castle nestled on a mountain side just above a glistening river framed by the foliage of vascular trees and sumptuous plants; a scenario of bounty and sustenance in the thicket of rural fertility...but not in Walter’s landscapes.
Air vents, sky-lights and what the painter describes as other "Autonomous objects" obstruct potential panoramic deep sky vistas launch by urban rooftops, becoming primary subjects that actually barrage the "window frame" to claim its territory. These coordinates in 18 century European Landscape Painting are sacred ground and dutifully reserved for parasols, fisher men with satchels draped across their shoulders and horse drawn carriages receding along serpentine roads that seduce the eye to follow into the green pastoral abyss.
What we get from the Austrian painter Walter Strobl is an expansion of tin, cement walls and cell towers that stand court, take up and almost hold hostage the viewers perspective denying these rooftop landscapes their principle accompaniment of "Vanilla Skies" with bellowing cumulous clouds or the sedation of rustic ochers, transparent layers of ultra marines and rich sienna’s that would otherwise cajole the serenity of the contemplative gaze.
Air-duck systems, TV antennas and elevator shafts upstage institutional assignments of place and sky. In an aggressive logic of composition and juxtaposing light and shadow, Walter stacks weight proportions and spatial relationships in his inner city terrain with a Constructivists’ watch and uses line to cut into how the eye reads the surface.
"What’s missing?"
Barren and desolate in an almost defiant way Vienna’s infrastructure is depicted in elongated planes that lacerate the picture field into lateral vortexes. The bulkiness of form bullies us into being sensitive to the defused and muted light that bounces off the surfaces, light that stands in for the atmosphere that was confiscated and is now implied for the sake of composition and balance and rendered into an ensemble of geometric abstraction. Melancholy shrieks the absence of life despite the sparse hints of human presence such as graffiti, satellite dishes and hand railings that are now archetype of the urban landscape above street level and answers the "missing" question in a cynical but terribly convincing light.
One plate in this article is upside down illustrating an inverted visual thrust in the opposite direction the eye takes when it’s up right. Its cement structures shored up and stabilized by the painter’s vigorous handling of the water current in the Donau Canal are now dwarfed to the bottom of the picture plane, anchored beneath a turbulent sky that can save or doom those beneath its’ canopy, turning into a convoluted (thanks to my lack of delicacy) rooftop panorama at dusk.
It’s a disquieting freshness to see an Austrian painter on the younger side of forty remove the veneer of convention given the entrenchment of Viennese painters in Art History. And considering their approach to the landscape and how it was eulogized, Walter Strobl is the bleach to the "Friendly Yellow" that comes off as an ineffective disinfectant to 21 century Vienna.
Alexander Viscio
in The New York Optimist am 18. Jänner 2010
www.thenewyorkoptimist.com
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"Ebenen" - unter diesem Titel versammelt Walter Strobl eine Serie neuer Arbeiten, in denen der Maler wieder einmal die Grenzen der Genres ausreizt und überschreitet.
Strobls Stadtansichten, in denen immer extreme Aussichtspunkte oder Perspektiven gesucht werden, rufen die Künstlichkeit der vorgestellten Sichträume in Erinnerung. Was vor unseren Augen liegt, wurde schon vor dem Weg in die Kunst arrangiert.
Die Stadt, sie ist bei Strobl ein Stillleben, in dem sich Elemente und Bedeutungsebenen harmonisch, aber auch dissonant überlagern. Der Mensch durchmisst bei Strobl die Möglichkeiten in diesen künstlich arrangierten Räumen, sucht dabei nach Freiräumen und Freiheitsgraden.
Einmal mehr fokussiert Strobl farbliche Zwischentöne - und reizt in diesem Bereich alle Möglichkeiten der Nuancierung aus.
Gerald Heidegger
in der Einladung zur Ausstellung "Ebenen" in der Galerie Augustin, Wien, 2009
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Unsichtbares sichtbar machen
Walter Strobl im Portrait
Kompromisslos der Malerei verpflichtet
"Seit ich mich erinnern kann, hat mich die Malerei fasziniert und angezogen. Bereits in meiner Kindheit und Jugend
habe ich gemalt und gezeichnet. In der Innsbrucker Stadtbücherei bin ich schon als Dreizehnjähriger beim
Kunstbuchregal hängen geblieben", erzählt Walter Strobl, der nach Abschluss seiner technisch-
handwerklichen Ausbildung an der Höheren Technischen Lehranstalt in Innsbruck Malerei und Grafik bei Prof. Arik Brauer
und Prof. Josef Mikl an der Akademie der Bildenden Künste in Wien studierte und mit ausgezeichnetem Diplom abschloss.
Walter Strobl, 1968 in Innsbruck geboren, gehört zu den aufstrebenden jungen Talenten der aktuellen Kunstszene und er
ist, wie es Ingid Runtic-Pascu
einmal bei einer Vernissage ausgedrückt hat, "einer dieser außergewöhnlichen Menschen, die die
Außenwelt auf sich wirken lassen, um sie erst dann durch ihre Werke zur Wirklichkeit zu machen. Seine leise Art,
in die Dinge zu horchen, um Hintergründe aufzuspüren, sein Einfühlungsvermögen, mit dem er seine
Kompositionen aufbaut, Gegenstände in Beziehung bringt und malerisch abstimmt, verleihen seinen Bildern Profil und
Charakter.
Seit Walter Strobl 1995 die Malerei zu seinem Hauptberuf gemacht hat, hat er kompromisslos seinen eigenen Weg gesucht.
Die Malerei soll mich immer wieder überraschen
Walter Strobl zeichnet und malt gern und viel und gestaltet, wie er selbst sagt, viel aus dem Kopf heraus.
"Mein Kopf ist eine Black Box. Irgendwann kommen Ideen ans Tageslicht, von denen ich nicht weiß, wie sie
entstanden sind. Ich male das, was mich umgibt, was ich sehe und das, was bei der Beobachtung dessen in mir vorgeht."
Über seine Bilder, die er eigentlich nicht beschreiben möchte, sagt er nur so viel: "Meine Bilder
sind nicht nur Abbildungen der äußeren und meiner inneren Welt, sondern darüber hinaus eigenständige
Objekte mit stofflichen Qualitäten, Resultate eines Vorgangs, bei dem Wahrnehmung, Denken, Empfinden und Handwerk in
Beziehung zueinander stehen."
Die Intention des Künstlers ist es nicht, schöne Bilder zu schaffen, sondern wenn, dann ergibt sich die
Schönheit, wie Strobl es formuliert, aus dem Malprozess: "wenn man durch die Oberfläche hindurch etwas
von seiner Entstehung erahnen kann, wenn alles "stimmig" ist, wenn es "lebt" und aus mehr als Farbe
und Leinwand besteht."
Strobls Bilder erzählen weniger Geschichten, sie sind eher Schauplätze für Figuren, zu denen sich der
Betrachter seine eigenen Gedanken machen kann.
Was macht die besondere Anziehungskraft seiner Bilder aus:
Walter Strobl gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar. Mit seiner perfekten Chromatik gewinnt er dem Licht
wie dem Schatten ein Höchstmaß an Ausdruckskraft ab. Er interessiert sich für das Licht und wie es die
Flächen erhellt, verdunkelt oder färbt, und die Atmosphäre, die Menschen einem Raum verleihen, wenn sie
warten oder ausharren. In vielen seiner Werke beschränkt sich Strobl auf wenige gedeckte Töne. So bekommen
Brückenunterführungen, Bahnhöfe oder U-Bahnschächte durch seinen leicht melancholischen Farbenkanon
und seine hervorragende Lichtführung eine besondere Bedeutung. auch seine Stillleben sind von zurückhaltender
Farbigkeit, dennoch geben sie den schlichten Formen einfacher Dosen, Flaschen oder Glühbirnen eine besondere Frische
und Farbschönheit. Charakteristisch ist sein weicher, offener Pinselduktus, der den Bildern eine eigene
Atmosphäre vermittelt. Er malt oft gleiche Bilder, die mit immer neuen Nuancen niemals dieselben sind.
Auch seine kompositorisch überlegt aufgebauten Darstellungen sind von einer faszinierenden Spannung und
Atmosphäre. Seine Bilder wirken vertraut und dennoch distanziert. Er kennt die richtige Dosis, er weiß um die
Grenzen zwischen Aussprechen und Zurückhalten. Sie bewegen jeden einzelnen von uns anders und aus anderen
Gründen. Die Menschen in Strobls Bildern sind nicht herausgehoben, "werden nicht aufs Podest ihrer
Besonderheit oder portraitistischen Einzigartigkeit gestellt", wie es Ingrid Zimmermann (Süddeutsche Zeitung)
formuliert, sondern sie agieren als Besucher im Kaffeehaus, sind auf dem Weg zur Arbeit oder sie sitzen in Zügen.
Sie wirken nicht verzweifelt, eher einsam. Mit einem unbewegten Gesichtsausdruck wirken sie als stille Gäste. Jeder
von ihnen nur mit sich und seinen Gedanken beschäftigt.
Raum und Figur sind die zentralen Motive in der Malerei von Walter Strobl
Strobl geht es um die Schaffung eines bestimmten Raumes und einer bestimmten Atmosphäre, die Menschen einem Raum
verleihen. In seinen künstlich geformten Raumentwürfen - Strobl nennt sie "environments", offene
Räume - zerfließen die Übergänge zwischen der belebten und unbelebten Welt. In diesen Raumentwürfen
ist eine bekannte Welt oft nur vordergründig zu finden.
Seine Veduten sind keine "Postkartenansichten" oder "schöne Plätze", sondern
"alltägliche Ansichten". Auch die Interieurs sind keine prunkvollen oder idyllischen Veduten, sondern
Gebrauchsarchitektur, etwa der Wiener Westbahnhof, "dem nichts von seiner Schäbigkeit weg gelogen wird,
der aber trotzdem das Zeug zur ästhetischen Wahrheit hat, weil Strobl das Spiel mit der Komposition meisterhaft
beherrscht", schreibt Inga Hosp anlässlich einer Ausstellungseröffnung.
Strobl setzt sich immer wieder aufs Neue mit den Motiven auseinander und sucht ständig nach neuen Perspektiven. Die
Bilder "Zustand" sind Beispiele für eine ganze Reihe von Ölbildern, die sich mit dem Motiv
"Körper im Raum" auseinandersetzen. Strobl bedient sich dabei eines ungewöhnlichen Blickwinkels,
verkürzt perspektivisch sehr stark seine Figuren auf dem Bild - ineinander geknotete, gesichtslose Körper, in
ihre Schachtel gezwängt und in Ihren Bewegungen eingefroren. Der Rhythmus von Licht und Schatten erzeugt
eindrückliche Dramaturgien. Je höher er auf der Lichtskala klettert, desto tiefer versinken seine Figuren in die
Dunkelheit.
Eine Fülle von klassischen Kompositionsmitteln kommt auch in dem Bild "Rekonstruktion" zur Anwendung:
perspektivische Fluchtlinien, die unterschiedliche Blickrichtung der Figuren, die Geraden des architektonischen Raumes,
die Richtung des Lichts, Tiefenwirkung durch Figuren vorn und hinten, der "abgeschnittene" Tisch am unteren Bildrand,
wie man es auch von Cezanne kennt. Raumgefühl und Stimmung wirken so, als hätte man ein "realistisches"
Interieur vom Cafe Museum in Wien vor sich.
Ein ganz besonderes Wechselspiel zwischen Bewegung und Statik im Raum sieht man in der 2004 entstandenen Serie
"Passagiere", "Passanten", "Drei": Begriffe und Bildmotive verlieren sich
in Unschärfe. Waagrechte und senkrechte Linien erzeugen informelle Partien, die ein besonderes Spannungsverhältnis
in seinen Bildern ergeben.
Die jüngsten Arbeiten von Walter Strobl beziehen sich auf Ölbilder zum Thema
"Bühne/Stage". Den Anstoß dazu gab die neue Ballettproduktion des Salzburger Landestheaters
"Die Scott Joplin Story - Life in Ragtime". Diese Bilder, die die Probebühne im Rainberg in Salzburg
darstellen, handeln weniger von Menschen. Diese erscheinen nur konturenhaft; das entscheidende ist die Atmosphäre
von Raum und Licht.
Parallel zur Malerei befasst sich Walter Strobl auch mit Druckgrafik: So sind auch in Zusammenarbeit mit der
Druckwerkstatt der Neuhauser Kunstmühle in Salzburg einige Lithographien und Radierungen entstanden. Für den
Künstler liegt der Reiz an der Radierung an der "Unberechenbarkeit der Technik, die immer mitspielt und
teilweise ein Umdenken erfordert."
Strobls Werke sind in in- und ausländischen Galerien ausgestellt. Zudem leitet er verschiedene Kurse in
gegenständlicher Ölmalerei.
Seine Pläne für die Zukunft: Malen, Malen, Malen.
Siegrid Leitner in palette & zeichenstift Nr. 77, Ausgabe 3/2008
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Ungeahnte Blicke auf Wien
Ungeahnte Blicke auf Wien, in denen scheinbar Bekanntes wieder fremd wird, zeigt der Maler Walter Strobl zur Zeit in der
Galerie Augustin. "stadt/still-leben" heißt die Schau, die noch bis 7. Oktober läuft.
Ergebnis menschlicher Eingriffe
Das Konzept der Stadtansicht, der Vedute, wird in der Schau kombiniert mit einer Serie von ungewöhnlichen Stillleben.
Für Strobl sind diese Themen der Malerei eng miteinander verzahnt. "Im Prinzip ist die Vedute nichts anderes als ein absurdes
Stillleben", so Strobl über seine Werke. Stets geht es bei ihm um eine künstlich arrangierte Wirklichkeit, nie um eine
organisch gewachsene Natur. Der Mensch hat die Anordnungen geschaffen, er hat eine geformte Wirklichkeit hinterlassen.
Der einst wilde Fluss ist in einem Betonbett gezähmt. Zu sehen ist bei Strobl immer das Ergebnis menschlicher Eingriffe.
Der Mensch ist in seinen Bildern oft abwesend oder nur ein Durchgangsphänomen.
Grenzziehungen zwischen der belebten und unbelebten Welt werden in diesen Bildräumen, Strobl nennt sie "environments",
Umgebungen, hinfällig. Steine liegen vor dem Betrachter als seien sie Teile von Menschen.
Das "Unfassbare" hinter der Realität
Ein besonderes Augenmerk in der Malerei von Walter Strobl kommt der stofflichen Qualität der Bilder zu. Das scheinbar Gegenständliche
geht auch immer ins Abstrakte. Strobl sucht in seinen Bildern nach farblichen Zwischenräumen. Seine Farben entziehen sich
definitorischen Festlegungen: Strobl malt das "Unfassbare" hinter der sichtbaren Realität und löst dies in einem sehr nuancierten
Farb- und Lichtspiel auf. Farbe und Licht werden zu eigenständigen Themen in den Arbeiten. Wer nach Ansicht der Bilder nach den
Vorlagen, etwa am Donaukanal, sucht, dem wird die gesehene Wirklichkeit beinahe wie ein absurdes Stillleben vorkommen.
Gerald Heidegger
in ORF Online am 13. September 2006 zur Ausstellung "stadt/still-leben" in der Galerie Augustin, Wien
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Environments, offene Räume, stellt Walter Strobl in einer neuen Serie von Bildern gegenüber. Strobls Malerei
überschreitet einmal mehr die Trennung zwischen der rein stofflichen und der belebten Welt. Der Titel
stadt/still-leben ist Gegenstand und Programmatik. In Strobls künstlichen Raumentwürfen ist
eine bekannte Welt nur vordergründig zu finden. Befremdung und Widerständiges stellt sich dem scheinbar Bekannten
entgegen.
Wo die Übergänge zwischen der "belebten" und "unbelebten" Welt zerfließen, ist
der Mensch nur noch ein Durchgangsphänomen. Das Stillleben wird zum Steinbruch für das spätere
Menschenbild. Körper sind nicht ohne Amputationen zu denken, der Torso wird zum Platzhalter für ein nicht
erreichbares gesamtheitliches Bild vom Menschen.
So wie der Mensch ist auch der Stadtraum bei Walter Strobl zusammengesetzt. Die Vedute mutiert zum "absurden
Stillleben". Nie wird die organische Natur, sondern immer der künstlich geformte Stadtraum gesucht. Auch
hier fallen die Elemente auseinander. Farbe und Licht treten in ihrer stofflichen Qualität hervor, das Gesamte seiner
Bilder erscheint als beinahe endloses Palimpsest.
Gerald Heidegger
in der Einladung zur Ausstellung "stadt/still-leben" in der Galerie Augustin, Wien, 2006
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"Schatten". Malerei von Walter Strobl. Kommende Lengmoos am Ritten
Das eigene Bild der Welt hinterfragen
Die letzte der heurigen Kunstausstellungen in der Kommende Lengmoos am Ritten präsentiert den 38-jährigen in Wien schaffenden
gebürtigen Innsbrucker Walter Strobl.
Ausstellungen Walter Strobls aus den letzten Jahren kreisen um zwei wesentliche Themenkomplexe: Menschen und Räume.
Das setzt sich auch in der Kommende Lengmoos fort, überwölbt vom Titel "Schatten". Denn Schatten ist
ein konstituierendes Element der Malerei. Dass, wo Licht ist, auch Schatten sei, ist nicht nur eine physikalische Trivialität,
sondern geradezu ein Postulat der künstlerischen Erfassung der Realität.
Und Walter Strobl nimmt Außenwirklichkeit wahr und verwandelt sie zu intensiverer und tieferer Realität. Er treibt die
Wirklichkeit zur Wahrheit - und ist mit diesem radikal, aber nicht trivial realistischen Programm ganz aktuell in einer Reihe mit jenen
durchaus zahlreichen jungen Künstlern, die sich erstens das Totsagen der Malerei und zweitens das Totreden des Realismus nicht
gefallen lassen wollen.
Es ist ein ein Ausschnitt aus der Lebenswelt, der Alltagswelt, den Walter Strobl sich vornimmt, und die Menschen, die sich darin bewegen,
sind nicht herausgehoben, werden nicht aufs Podest ihrer Besonderheit oder porträtistischen Einzigartigkeit gestellt; sie sind
vielleicht auf dem Weg zur Arbeit oder auf der Reise oder im Kaffeehaus oder Beisl. Alltags unterwegs.
Auch die Interieurs sind keine prunkvollen oder idyllischen Veduten, sondern Gebrauchsarchitektur: etwa der viel geschmähte Wiener
Westbahnhof, dem nichts von seiner Schäbigkeit weggelogen wird, der aber trotzdem das Zeug zur ästhetischen Wahrheit hat,
weil Strobl das Spiel mit der Komposition meisterhaft beherrscht. Oder die Halle des neuen Innsbrucker Bahnhofs, flirrend im Spiel mit
Licht und Schatten; in der Wahrnehmung des Innenraums scheint die Nervosität des Reisebetriebs mitgestaltet.
Dann sind da noch Landschaften im weiteren Sinn: "Ufer" und "Regenbild" und "Fluss" und "Steg".
Weiter nicht festzumachen - und wo es möglich wäre, ists nicht wichtig. Aber wenn man ein wenig die Augen zukneift
(was Strobl gern tut und auch seinen Betrachtern empfiehlt), dann wird das Nicht-Festgestellte (das vielleicht zuerst als Defizit
empfunden wird, weil wir ja immer noch fragen wollen: Wo ist das?) zur Tugend: der Ausschnitt wird zur malerischen Gestaltung der Ideen
von Regenbild und Fluss und Steg und Ufer.
So lehrt uns Walter Strobl, von der bloßen Lust am Hinschauen wegzukommen und mit der je individuellen Erfahrung zu
Rate zu gehen, weil ja unser Bild von der Welt auch immer unser Konstrukt ist.
Inga Hosp
in den Dolomiten Nr. 206 vom 8. September 2006
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Walter Strobl wagt mit der Auswahl seiner Bilder für diese Ausstellung einen Schritt, der heute nicht
mehr selbstverständlich scheint - es handelt sich nämlich nicht um eine Serie der in letzter Zeit
entstandenen Bilder oder um einen thematisch konzipierten Aufbau, es werden vielmehr Beispiele aus fast
allen Facetten seines künstlerischen Schaffens des letzten Jahrzehnts gezeigt; -eine Seltenheit, die viel
über den Künstler und seine Einstellung zur eigenen Arbeit aussagt. Er braucht keinen geschlossenen
konzeptuellen Rahmen, in dem seine Bilder erst wirksam werden, sie sind "bespielbar" (wenn ich den
Ausdruck unserer moderner Zeit hier verwenden darf); -jedes für sich; -im Alleingang. Andererseits spielt
er hier und heute alle Register seiner Kunst und offenbart vor unseren Augen die Welt aus seiner Sicht,
verarbeitet in seinem Innersten und wiedergegeben von seiner Hand in dem nur ihm eigenen Pinselstrich und
Linienführung.
Über eine Entwicklung kann hier nicht gesprochen werden, da auch die zuerst entstandenen Bilder von
gleicher malerischer Dichte und Stärke zeugen. Deshalb bin ich versucht, diese Ausstellung als eine
Retrospektive zu sehen, obwohl das junge Alter des Künstlers dagegen spricht. Ich bin froh, hier nicht
nach üblichen Hilfsmitteln greifen zu müssen, wenn man über einen Künstler spricht und in
dessen Werken nichts anderes findet außer krampfhafte Versuche, der Zeit und ihren Trends nachzueifern,
gesellschaftliche Kritik auszuüben oder politische Umstände zu deuten. Die Malerei ist in ihrer besten
Ausgabe zeitlos gut, immer anwendbar und aufwühlend ohne Begleitung der biografischen oder gesellschaftlichen
Entstehungsumstände, die im besten Fall nur eine unterhaltsame Geschichte bieten können.
Ein Gemälde kann und muss ohne all diesen Schnickschnack auskommen. Walter Strobls Bilder können das.
Es gibt vieles, das diese Bilder durch die Malweise miteinander bzw. mit dem Künstler gleich auf den ersten
Blick verbindet. Jeder interessierte und nicht fachkundige Betrachter würde das gleiche empfinden ohne
erklären zu können warum. Deshalb möchte ich in die Rolle des flüsternden Deuters
hineinschlüpfen und auf einiges hinweisen, das sich in diesen Bildern verbirgt.
Zuallererst ist es die eigentümliche Komposition, Anordnung der Pinselstriche, die einige Räume im Bild
scharf verdichten, farblich überladen, um dann größere Flächen aufzulockern, damit das Auge
auf ihnen ruhen kann. Dabei bedient sich der Maler eines ungewöhnlichen Blickwinkels, verkürzt
perspektivisch sehr stark seine Figuren auf dem Bild, knotet sie ineinander, oder aber sprengt den Rahmen seines
Bildformats, indem er den nackten Körper förmlich in sein Bild hineinpresst. So schafft er eine
außerordentlich starke Spannung in einer doch wohlgeordneten Komposition.
Dramatisch ist das Aufblitzen des Lichts in den zusammengerollten Körpern, die nebeneinander liegen, extrem
tief und schwarz der Schatten, der sie umbettet. Je höher er auf der Lichtskala klettert, desto tiefer
versinkt er in die Dunkelheit im gleichen Bild und bildet so die Harmonie der Extreme. Der Schleier des trocken
aufgetragenen Weiß-, Blau- und Graulichts schimmert sanft gegenüber den scharf abstrahierten Linien in
kräftiger Farbe und gibt dem Gemälde ("Spuren") eine aufregende Wechselwirkung.
Die Fläche auf seinen Kohlezeichnungen wird nie ermüdet durch unsicheres Verschmieren des Materials,
es entstehen scharf umgrenzte Schwarzbereiche, luftig wirkende Grauzonen, die sich in vereinzelten oder
nebeneinander liegenden Strichen in das Weiß des Papiers verflüchtigen.
Nicht weniger bemerkenswert ist das Bild "Erscheinungsformen", ein Stillleben zusammengesetzt aus
einigen einfachen Gegenständen wie Gläsern und Metalldosen auf der mit Tuch bedeckten Tischplatte.
Das milchig Weiße beherrscht das Bild, der Blick wandert unwillkürlich zum unteren Bildrand, wo sich
die Szene abspielt. Danach wird man in das weich pulsierende Licht hinaufgetragen in die unendliche Stille des
Schwerelosen. Es ist bezeichnend für alle Bilder Walter Strobls, daß sie imstande sind, den Blick des
Betrachters gezielt zu führen und ihn schlußendlich irgendwo in das Weite des eigenen Alls
hinauszuschießen. Für den Betrachter fängt diese stille Reise zwar auf dem Bild an, setzt sich
aber mit Sicherheit in der eigenen Seele fort.
Walter Strobl behandelt auf seinen Bildern den geschlossenen Raum gleich wie den offenen. Es ist die selbe,
dicht gewobene, bewegte und zusammengepresste Substanz, die eher an etwas dickflüssiges, raumfüllendes
erinnert als an das, was wir Luft nennen würden. Auf jeden Fall ist es nichts schwereloses, was sich
im Stilleben über den Gläsern ausbreitet oder die Dächer Wiens umhüllt und ihnen den Farbton verleiht.
Man könnte fast sagen, daß die Laken, die die nackten Körper umhüllen und die Luft auf den Veduten
oder in den Innenräumen anderer Bildkompositionen aus dem gleichen Stoff gemacht worden sind und folglich
auch die gleiche Dichte haben müssen.
Der Pinselduktus des Bildes "Bildraum 1" vibriert gleichmäßig über das ganze
Gemälde. Das Pulsieren des rhythmisch wiederkehrenden Lichts wiederholt sich in seiner dunklen Ausgabe in
den Balken des Raumes und verschmilzt in der perspektivischen Mitte, in die unser Blick eingesaugt wird um in
eine andere Welt hineinzutauchen. Nicht anders ergeht es uns beim Betrachten des Bildes "Exit", wo
flackernde Lichter und Menschenfarbflecken durch dichte, ölige Dunkelmassen der Wände einer
U-Bahn-Station in das Weite führen.
Genauso unmerklich befinden wir uns auf dem glatten Eis der Deutungen dessen, was uns der Künstler durch
seine Werke sagen mag. Ich wage zu behaupten, daß man das nicht in Worte fassen dürfte. Vermitteln seine
Bilder Gefühle der Einsamkeit, Ausweglosigkeit, die Fadesse und die tödliche Monotonie des Stadtlebens,
ungestillte Sehnsüchte und erstarrte Angst? Oder verbergen sie in sich Geborgenheit, Hoffnung, Stille,
Schönheit und Kraft? - Wohl alles gemeinsam, weil diese Werke die subjektive Verarbeitung und Veredelung des
Alltags und des Lebens darstellen, gesehen und gefiltert durch das Wesen eines besonders subtilen und
feinfühligen Malers.
Das, was ein wirklich gutes Bild ausmacht, sehen wir hier bestätigt: die Werke dieser Ausstellung beziehen
sich auf jeden einzelnen von uns, sie bewegen jeden einzelnen von uns anders und aus anderen Gründen. Lassen
Sie mich nur noch so viel sagen: das ist das Geheimnis einer besonderen Zauberkraft, die die ersten Maler zu
Magiern werden ließ und die der zeitlosen Malerei schon immer vorbehalten war.
Ingrid Runtic-Pascu
zur Präsentation von Ölbildern und Grafiken von Walter Strobl in der Ordination Dr. Rosenkranz und
Dr. Schwanninger, Braunau am Inn, 2004
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Walter Strobl stellt bei Hettlage in Grünwald aus
Entrinnen ist nicht mehr möglich
Die Bilder des Malers handeln vom Festgefahrensein des modernen Menschen
Grünwald - "Ich sehe eine Situation, die mich packt. Das muss ich dann malen".
Walter Strobl, 1968 in Innsbruck geboren und nach dem Studium an der Akademie Wien, unter anderem bei
Arik Brauer, als freier Künstler in Wien lebend, hat einer Ausstellung seiner Arbeiten in der
Galerie Hettlage in Grünwald das Motto "Körper" mitgegeben.
Doch mit diesem Begriff wird nur ein Teil der Botschaften dieser Bilder erfasst. Freilich sind
Körper zu sehen, Menschen, meist gehend oder sitzend, aber darüber hinaus ist auf eine
beeindruckende Weise eine nur zu spürende, nicht mit Händen zu greifende Qualität unserer
Zeit erfasst, eine Qualität, die nicht unbedingt dazu angetan ist, Menschen glücklich zu machen.
Die Menschen auf Strobls Bildem bewegen sich in Räumen, die eingeengt sind von Mauerfluchten, aus
denen nur am Ende, irgendwo in der Ferne, ein kleines Licht des Entrinnens leuchtet. Oder sie sitzen
in Zügen, Fremde neben Fremden, schauen vor sich hin oder in sich hinein. Auch Züge haben
dieses Festgehaltensein. Hat man sich ihnen anvertraut, kann man nicht einfach irgendwo und zu einem
beliebigen Zeitpunkt aussteigen. Der individuelle Weg ist nicht vereinbar mit allem, was sich auf
Schienen bewegt.
In festgelegten Bahnen
Walter Strobl hat mit seinen Bildern eine Metapher gefunden für das Wesen der Massengesellschaft in
ihren Städten, für die Zwänge eines Lebens in weitgehend festgelegten Bahnen. Dass der
Künstler fast naiv nur von Situationen spricht, die ihn fesseln, und es sicherlich auch so
empfindet, tut den Bildern nur gut. Sie tragen keine sozialkritische Botschaft in sich. Sie zeigen was
sie zeigen, und das in einer heute keineswegs mehr selbstverständlichen, sehr hohen formalen
Qualität. Die schwierigen räumlichen Bedingungen sind künstlerisch sauber und klar
gegenständlich, aber nicht fotorealistisch gelöst. Das Licht ist hervorragend geführt
und der leicht melancholische Farbenkanon, der dem städtischen Ambiente, den
Bahnhofsschächten und auch den Flughafenfluchten entspricht, ist stimmig. Zudem versteht Strobl
tatsächlich etwas vom menschlichen Körper. Die Menschen sind nicht Schablonen aus Papier.
Sie gehen, sie haben Beine, Hüften und Rücken, sie steigen, drei von ihnen hintereinander,
eine enge Treppe hinauf oder laufen entlang eines Mauerwalls, und sie sind, wenn auch grau im Grundton,
atmende, blutwarme Wesen. Allerdings nur vereint im gleichen Schicksal, aber miteinander nicht
verbunden. Rilke sagt es so in seinem Gedicht "Wandern im Nebel": "Keiner sieht den
anderen. Jeder ist allein". Walter Strobls Bilder möchte man Großstadtpoesie nennen.
Ingrid Zimmermann
in der Süddeutschen Zeitung / Landkreis München Nr. 145 vom 26./27. Juni 2004
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Völlige Abstinenz von Liebe
Walter Strobls Unterwelt-Szenarien
Grünwald - Wer trotz unzähliger Filmproduktionen, spätestens seit Carol Reeds
Kanal-Krimi "Der dritte Mann", noch nicht der Mystik von Straßenunterführungen,
Schächten, Tunnel-Labyrinthen und U-Bahnen erlegen ist, der muss in die Abgründe von Walter
Strobls Unterwelt Szenarien abtauchen. So ist eines der ausschließlich mit Öl auf Leinwand
ausgeführten Ausstellungsstücke in der Grünwalder Galerie von Thomas Hettlage
bezeichnenderweise mit "Hades" untertitelt. Vordergründig sieht sich der Betrachter
wieder einmal dem Puzzle einer kaputten Welt ausgeliefert. Die Hölle, das sind wir in unserer
Einsamkeit, unserer sehnsüchtig unfähigen Suche nach dem Nächsten, die sich allenfalls
in einem sinnlos lieblosen Narzissmus zu äußern vermag. Also dominieren in dem Werk des
Wieners die Farben des unterkühlten Film noir: düstere Grau-Töne, die auf ein sich von
innen zerfressendes Grün stoßen, schemenhaftes Halbdunkel, ein seiner Sinnlichkeit entkleidetes
Blau und Rot. Die paar Menschen wirken wie Traumtänzer in kalter Welt. Nur, die Bilder des
36-Jährigen Künstlers tätscheln nicht die oft so liebevoll gepflegte
ästhetisierende Alltagstristesse. Nein, sie atmen oft eine so ungeheure Bewegung, dass sie im
Stillstand zu enden scheinen. Ein Tryptichon von Straßenbahn-Momentaufnahmen zeigt den
Beobachter-Fokus in mehrfachen Varianten. Das meisterlich arrangierte Zusammenspiel von Person und
Umgebung erscheint jeweils durch Beleuchtung, Farbe, Zusammenstellung und Aufbau grundverschieden von
seinen Vorgängern oder Nachfolgern. Zugleich gelingt ihm eine metaphysische Auseinandersetzung mit
dem Begriff "Bewegung". Was ist diese überhaupt? Begriffe und Bildmotive verlieren sich in
Unschärfe, eine von senkrechten und waagrechten Linien bestimmte Komposition gibt fast unsichtbar
den Bildern Struktur. Und in ihrer Anordnung, als Zuggleise etwa, gewinnen sie Bewegung. So gleitet ein
Sujet aus seinem Rahmen heraus in ein anderes. In diffusem Farbnebel erahnt der Protagonist oft nur die
Annäherung von gefährlicher Bewegung. Ein ihn verfolgender Schatten - oder ist er es selbst,
sein anderes Ich? Der Künstler rüttelt mit seinen in sich geschlossenen Kompositionen auf. Es
lastet oft, bei aller filigransten, sehr ökonomischen Farbgebung, ein düster schwerer Ton,
der hin und wieder auch silbrig-weiß zu schweben scheint. Überall lauern Gespenster und das
unheimlichste ist das der Einsamkeit, des Sinn entleerten Lebens und völliger Abstinenz von Liebe.
Manfred Stanka
im Münchner Merkur Nr. 147 vom 29. Juni 2004
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... Ein ganz besonderes Wechselspiel zwischen Bewegung und Statik ist die Serie "Passagiere,
Passanten, Fluß, Aggregatzustand". Hier befinden wir uns fast in einer filmischen
Dramaturgie: ein Rhythmus von vorbeizischender U-Bahn und den freeze frames der Passagiere oder, wenn
man so will, einem Heranzoomen der Passagiere bzw. Passanten. Dann läßt er den Zug
weiterfahren und holt sich das Innere des nächsten Waggons nah heran. Eine beschaulichere Bewegung
liegt in seiner Serie "Drei", man sieht ebenfalls Menschen in Bewegung, aber zu Fuß.
Also werden auch die Bewegungsunschärfen milder; man hat den Eindruck, man
betrachtet die Szene wie durch einen Nebel. Die drei Figuren begleiten uns weiter im Bild
"Unterführung", wo sie fast verloren im Raum dieser Unterführung hintereinander her
marschieren. Ein schönes Beispiel für Walter Strobls Vermögen, durch andere Lichtinszenierung beim
nahezu gleichen Motiv zu einer komplett anderen Bildwirkung zu kommen, ist das Bild
"Unterführung l". Hier handelt es sich um den gleichen Raum, diesmal bei starkem
Schlagschatten einer von hoch oben einfallenden Sonne. Durch die intensive grafische Wirkung erkennt
man die Unterführung fast nicht wieder, die Bildwirkung der beiden Arbeiten könnte
unterschiedlicher nicht sein. Dies ist ein Beispiel für meine Bemerkung vom Anfang, wie Walter Strobl
einzelne Aspekte der Realität herausgreift und situationsgemäß bearbeitet. Ein weiteres
schönes Beispiel unterschiedlicher malerischer Behandlung des gleichen Motivs sind die Arbeiten
"Hades" und "Hades II". Auch hier kann man im direkten Vergleich erforschen, wie
Walter Strobl die Wirkung unterschiedlicher Malstile beim gleichen Motiv auslotet. Das eine
aufgelöster, expressiver, das andere gegenstandstreuer. Und beide Bilder entwickeln auch hier
wieder eine ganz unterschiedliche Wirkung. Beiden gemeinsam ist aber, wie der Titel andeutet, der
Eindruck der Einsamkeit, einer gewissen trostlosen Leere. Für einen sozialen Menschen ist sicher dieses
Fehlen von Kontakt und überhaupt Kontaktmöglichkeit eine höllische Vorstellung. Insgesamt
fällt bei den Arbeiten dieser Ausstellung auf, wie sehr Walter Strobl unsere Gesellschaft im Kern
beobachtet. Es werden aus seinen Beobachtungen Anklagen über die Unfähigkeit, miteinander zu
kommunizieren, aneinander teilzuhaben. Die Menschen haben eher eine Einbindung im Raum statt eine
Anbindung Mensch zu Mensch. Die rechte Figur in der Arbeit "Passagiere" wendet sich von
Mitpassagier ab und nur seinem Spiegelbild zu. Er zeigt uns Personengruppen, die zwar räumlich oder
sogar durch gemeinsame Aktivität verbunden sind, aber dennoch ist jeder von ihnen nur mit sich und
seinen Gedanken beschäftigt...
Thomas Hettlage
zur Eröffnung der Ausstellung in der Galerie Thomas Hettlage Ars Vivendi,
Grünwald/München, 2004
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Primär geht es mir in der Malerei nicht darum, schöne Bilder zu schaffen. Der
Versuch, dies zu tun, wäre zum Scheitern verurteilt, das Ergebnis wäre höchstens
dekorativ und nicht mehr. Wenn, dann ergibt sich Schönheit aus dem Malprozess:
falls sich viele Faktoren (Wahrnehmung, Denken, Empfindung, Handwerk,...) im
Einklang befinden, wenn alles "stimmig" (ein Ausdruck, der mir angebrachter
erscheint) ist. Manchmal passiert das, aber willentlich kann man es nicht
herbeiführen. Für mich ist ein Bild dann schön, wenn man durch die Oberfläche
hindurch etwas von seiner Entstehung erahnen kann, wenn es "lebt" und aus mehr
als Farbe und Leinwand besteht.
Walter Strobl
in der Publikation "SCHÖN-SCHÖNER: ein Ausstellungsprojekt in zwei Teilen" des
Kulturvereins Schloss Goldegg, 2002
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... Den Über-Blick auf seine Motive hat der
Maler Walter Strobl. Der 1968 in Innsbruck geborene und an der Akademie für
Bildende Künste in Wien ausgebildete Künstler ist auf Schloss Neuhaus ein "alter
Bekannter". Nun präsentiert er Ölbilder, in denen die Raumwahmehmung eine
zentrale Rolle spielt. Auf zehn Bildern ist immer wieder das gleiche Motiv, ein
langer Gang einer Fabriksanlage, zu sehen. Die Bilder sind ähnlich, aber nie
gleich, die Ausstrahlung von Licht, Farbe und Temperatur variiert. Strobls
Menschenbilder stellen den gelungenen Versuch, Bewegung einzufangen, dar. Als
Maler mit Unschärfe-Relation zwingt Strobl den Betrachter, im Rückwärtsgang die
richtige Distanz zum Bild zu finden, in der sich die immer am Rande der
Auflösung befindlichen Farb-Nebel zum Ganzen fügen und teilweise zum Gegenstand
materialisieren.
Nikolai Janatsch
in der SVZ vom 11. Oktober 2001
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Die Ausstellung "Räume" von Walter Strobl beim Kunstforum Unterland in Neumarkt
"Enge Räume verzerren"
Die Geometrie verwendet in der Raumlehre den Begriff Körperberechnung für alle
dreidimensionalen Lösungsverfahren. Die darstellende Kunst kennt in ihrer
Geschichte unzählige Werke von Studien und Bildern zu Raumeinteilung und
Körperdarstellung. Walter Strobl stellt unter dem Titel "Räume" seine jüngsten
Arbeiten in der Galerie des Kunstforums Unterland aus. Und der Betrachter ist
animiert, das Spiel von Raumwahmehmung, Körper im Raum, Rhythmus im Raum
nachzuempfinden oder gar Raumbegriff und Körperbegriff auf eine Reihe zu
bringen. Am Eingang liegen Faltblätter mit Strobls Schachtelbildem auf, diese
Arbeiten sind der Ausstellung voraus entstanden und zeigen je einen menschlichen
Körper in je eine Schachtel gezwängt, irritierend isoliert. Als kompositorischen
Kontrast dazu bringt die Ausstellung Malereien und Graphiken mit
Höllensturzmotiven. Hagere Leiber, sie scheinen verhakt und gebrochen, halten
den Rhythmus im Raum; die Perspektive zieht nach hinten, von der Bildfläche weg.
Bei genauer Betrachtung sind es zwei Figuren in verschiedenen Zuständen. Die
holzschnittartig graphische Variation zum Motiv ist ein weiterer
Betrachtungsversuch. Sehr enge Strichführung, die Auflösung der Bewegungen
verdüstert sich. Walter Strobl lotet malerische Möglichkeiten aus, erzeugt
mehrere Ebenen des Schauens. Und malt vorbeugend gegen Betriebsblindheit an.
Malen ist eine Lust. Das Bild wird zum Fenster. Auf der anderen Seite steht ein
Raum wie auf dem Plakat: Schemen. Die Farben wirken heftig. Weiß. Und unzählige
Abstufungen von Licht- und Schattentönen. Gerade noch erträglich ist die Fülle
von Gegenständen in unscharfen Konturen als Atmosphäre um die eine Figur Dann
vertieft sich der Maler auch in die Möglichkeit, alle sechs Begrenzungsflächen
eines Raums auf die Bildfläche zu zerren, der verzerrt wie der Blick in eine
Kugel werden muss. Der Betrachter schaut von oben in den Raum, auf dem tiefsten
Punkt im Zentrum sitzt der Maler selbst bei seiner Arbeit. Und das Spiel der
Wahrnehmung findet auch ein anderes Extrem: den Stadtraum in
Breitwinkelperspektive nach der Art der Vedutenmaler. Hier ist mehr akademische
Nüchternheit zu spüren, sowohl in der technischen Vorgangsweise als auch in der
ironischen Sichtweise. Walter Strobl hat die Akademie der Bildenden Künste in
Wien mit Auszeichnung absolviert, er lebt dort als freischaffender Maler, ist 32
Jahre jung, stammt aus Innsbruck, mütterlicherseits aus dem Vinschgau. Er selbst
sagt: "Die Bilder sind nicht Abbildungen, sondern Resultate eines Vorgangs,
bei dem Empfinden, Denken und Handwerk in Beziehung zueinander stehen." Thomas
Amonn hat bei der Eröffnungsrede sehr detailliert durch das Bilderangebot
geführt. Und er sagte unter anderem: "Vieles von dem, was man gemeinhin als
akademische Ausbildung bezeichnet, hat Walter Strobl sich aus eigenem Antrieb
angeeignet, auch in Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte." Und ein Kind
sagte vor einem Bild der Selbstbeobachtung: "Das habe ich noch nie gesehen. Ich
bin im Auge des Malers und schaue mir beim Malen zu."
Margit von Elzenbaum
in den Dolomiten Nr. 290 vom 16./17. Dezember 2000
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... Obgleich Walter Strobl die Akademie abgeschlossen hat, hält er sich
eigentlich für einen Autodidakten. Vieles von dem, was man gemeinhin als
akademische Ausbildung bezeichnet, hat er sich aus eigenem Antrieb angeeignet,
auch in Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte. In der Tat sind die
akademischen Übungssituationen alles andere als Anleitungen zum "richtigen
Malen". Vielmehr lernt man, daß es viele verschiedene Arten und Weisen der
Darstellung gibt. Nur ein naiver Mensch kann glauben, daß man etwas so malen
kann, wie es ist: In Wirklichkeit geht es nicht anders, als daß man aus der
Fülle der Möglichkeiten einzelne Aspekte von Realität herausgreift, und
bestimmte dazu passende Darstellungsmittel wählt und systematisch anwendet.
Pointiert ausgedrückt, wirkt bei Walter Strobl die akademische
Experimentsituation bis heute als Antrieb weiter. Das zentrale Thema ist dabei
der Raum. Genauer gesagt: Es geht ihm um die verschiedenen Möglichkeiten, Raum
darzustellen. Es geht ihm also nicht darum, etwas Gegenständliches abzubilden,
sondern es geht um die räumlichen Darstellungsmittel selbst, also um die Art und
Weise, mit Raum in der Malerei umzugehen. Ein frühes Beispiel ist dieses Bild.
Obwohl man darin sehr leicht das bekannte "Cafe Museum" in Wien wiedererkennt,
trägt es den bezeichnenden Titel "Rekonstruktion". In der Tat handelt es sich um
Raum- und Architekturelemente aus dem wirklichen "Cafe Museum", die zu einem
neuen Ganzen arrangiert werden. Dabei kommt eine Fülle von klassischen
Kompositionsmitteln zur Anwendung: perspektivische Fluchtlinien; die
unterschiedliche Blickrichtung der Figuren; die Geraden des architektonischen
Raums; die Richtung des Lichts; Tiefenwirkung durch Figuren vorn und Figuren
hinten; das Herunterklappen des Tisches am unteren Bildrand, wie man es von
Cézanne und anderen Klassikern der Moderne kennt. Obwohl das Ganze völlig
artifiziell ist, wirken Raumgefühl und Stimmung am Ende doch so, als hätten wir
ein "realistisches" Interieur vom "Cafe Museum" vor uns. In späteren Bildern
konzentriert sich Walter Strobl auf einzelne Aspekte der räumlichen
Darstellungsweise. Dabei entstehen zumeist kurze Serien von etwa zwei bis fünf
Bildern. So interessiert ihn seit einiger Zeit das Motiv des Höllensturzes. Es
könnte sich auch um Himmelstürze handeln, denn es geht ihm nicht um die
inhaltliche Bedeutung des Motivs, sondern darum, Figuren in Bewegung zu
gestalten. Mit dem Thema "Bewegung im Raum" beschäftigen sich viele Bilder
Strobls. Was bei stürzenden Figuren hinzu kommt, ist die Möglichkeit,
Verzerrungen und Kontorsionen darzustellen. (Nur am Rande sei erwähnt, daß aus
diesem Grund das Thema "fallende Figuren" in Manierismus und Barock sehr beliebt
war.) Um die Variationsbreite anzudeuten, mit denen Walter Strobl das Konzept
"Körper im Raum" umsetzt, seien einige Werke erwähnt, die hier nicht zu sehen
sind:so gibt es eine Serie von Schachtelbildern, in denen die Verzerrung auf
statischem Weg erreicht wird: Ein nacktes Modell ist in eine Schachtel gezwängt,
die zum Betrachter hin offen ist. Ein anderes Bild zeigt eine liegende Frau, die
von einem weißen Leintuch bedeckt ist, so daß nur Kopf, Arme und Füße
herausschauen. Die Frau wirkt zerstückelt, und doch ist zugleich ein Gefühl der
Ganzheit da: Hier geht es also um das Kategorienpaar Ganzheit und
Fragmentierung. Die Bilder, die wir hier in Neumarkt sehen, sind in der Mehrzahl
ganz neue Arbeiten. Eine neue Serie behandelt das Motiv der Verzerrung im
Spiegel - auch ein manieristisches Motiv. Dazu hat sich Walter Strobl in einer
spiegelnden Kugel selbst betrachtet. Interessanterweise kehrt im Endergebnis das
Motiv der Schachtel wieder: Man sieht den malenden Maler vor seiner Staffelei,
umschlossen von allen sechs Wänden des Raumwürfels "Atelier". Auf einem anderen
Bild sieht man im Längsformat die Hochhäuser und Verwaltungsgebäude entlang dem
Donaukanal in Wien: Hier wird der Außenraum zum Thema. Wie schon der ironische
Titel "Vedute" anzeigt, geht es auch in diesem Fall nicht um die Darstellung
einer urbanen Landschaft. Walter Strobl erprobt hier eine additive Technik, wie
man sie z.B. auch bei Canaletto findet, um einen erweiterten Blickwinkel zu
realisieren. Ganz neu ist das Motiv der Steinlandschaft. Auch hier geht es um
den Außenraum, sowie um die Aufsicht, also den Blick von oben. Diese Bilder
verweisen in eine Richtung, die für mich nicht absehbar ist, und daher möchte
ich auch nicht viel dazu sagen. Zum Schluß möchte ich nur kurz auf die
Maltechnik hinweisen - Walter Strobl malt sehr lange an seinen Bildern. Und zwar
Ölbilder - also nichts für Schnellmaler. Meist kommen bei ihm sehr viele
Schichten zusammen. Ich glaube, es ist sehr wichtig, daß es solche Künstler
gibt, denn sonst hätten wir nur das ökonomische Effizienzprinzip und sonst
nichts...
Thomas Amonn
zur Eröffnung der Ausstellung im "Kunstforum Unterland", Neumarkt, 2000
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... Die neuesten Werke -vornehmlich Akte- zeugen von einer spannungsgeladenen
Körpersprache, wie wir sie auch aus dem Aktionismus kennen. Diese
Körper-Dramaturgie besticht durch greifbare Realität und erinnert in ihrer
Intensität an Lucian Freud und die Londoner Schule.
Heinz Kossdorff
in der Einladung zur Ausstellung in der Galerie/Kunsttreff/Küniglberg, 1999
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... die Themen der Bilder Walter Strobls kreisen häufig um den menschlichen Kopf
und Körper. Oft ist ein Selbstbildnis Ausgangspunkt seiner raffiniert
verschränkten Kompositionen. Damit ist der Spiegel als reales und symbolisches
Objekt in den Bildern gegenwärtig. Die Selbstrefferentialität der Malerei ist so
das hintergründige Thema. Der Betrachter wird in ein rätselvolles Spiel aus Raum
und Fläche, Farbe und Bedeutung einbezogen, wobei die Komposition oft
absichtsvoll asymmetrisch akzentuiert ist. Die Staffelung von Maske,
modellierender Hand und Kopf zieht die Aufmerksamkeit des Betrachters in die
Tiefe des realen und gespiegelten Bildraums. Realisiert wird dies mit der für
den Maler typischen subtilen Peinture in den Nuancen der Ölfarbe.
Ulrich Gansert
1999 in "Vernissage"
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... Sein malerisches Können läßt keinen Farbton, keinen Pinselstrich und keine
Fläche aus dem Rahmen fallen. Die Komposition seiner Werke beruht auf seinem
sehr sensiblen und doch immer sicheren und starken Konzept der Verteilung
bestimmter Formen im Bild. Man könnte sagen, daß seine Bilder jenseits jeder
Vorstellung von Abstrakt und Figurativ sind, weil ihre Ausdrucksstärke
keinesfalls auf die Wahl der Motive zurückzuführen ist, sondern - und hier
schließt sich der Kreis - auf sein bemerkenswertes Können. Walter Strobl ist in
ein sich gekehrter und aus sich schöpfender Maler. Er ist einer dieser
außergewöhnlichen Menschen, die die Außenwelt auf sich wirken lassen, um sie
erst dann durch ihre Werke zur Wirklichkeit zu machen. Wohlgemerkt ist es eine
subjektive Wirklichkeit, denn die objektive wäre eine Sache der Einstimmigkeit,
in der die Künstler wenig zu sagen hätten. Dort, wo sich die beherschte und in
ihrer Struktur starke Technik aufzulösen beginnt, ist die höchste Qualität der
Malerei Walter Strobls zu finden...
Ingrid Runtic-Pascu
zur Eröffnung der Ausstellung in der Galerie Springer, Wien, 1995
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... Wieder anders ist der Weg Walter Strobls in der Malerei. Seine Stilleben und
Interieurs, ganz aus hellerem und dunklerem Grau entwickelt, zeigen dennoch eine
ungewöhnliche Frische und Farbschönheit des Kolorits. Das Farbenmaterial seiner
Bilder, mit breiterem Pinsel gesetzt und vom Duktus der Pinselarbeit geformt,
hat einen cremig pastosen Charakter. In manchen Bildern entwickelt Walter Strobl
einen immensen Facettenreichtum motivischer Wiederspiegelungen, in einem Bild
wird ein Selbstportrait sechsmal variiert.
Ulrich Gansert
in "Vernissage" 10/93
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Ausgangspunkt für meine Malerei ist das, was mich umgibt, was ich sehe
(Personen, Gegenstände, Räume) und das, was bei der Beobachtung dessen in mir
vorgeht. Meine Bilder sind jedoch nicht nur Abbildungen der äußeren und meiner
inneren Welt, sondern darüber hinaus eigenständige Objekte mit stofflichen
Qualitäten, Resultate eines Vorgangs, bei dem Wahrnehmung, Denken, Empfinden und
Handwerk in Beziehung zueinander stehen.
Walter Strobl
in der Einladung zur Ausstellung der Meisterschule Arik Brauer in der
Städtischen Galerie Traun, 1993
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